Millerntor-Stadion
Wer sich meine Serie so anschaut, wird merken, dass ich mich ein wenig um die – ich nenne sie einfach mal so – dicken Brummer im Viertel herumdrücke. Nicht weil ich sie nicht mag, sondern weil schon so viel über sie bekannt ist.
Wie den FC St. Pauli. Da in und um den Verein herum jedoch so viel Gutes geschieht, zuckte mein Finger doch, als ich letztens mit meiner Kamera über das Heiligengeistfeld schlich. So viele gute Sachen, von denen ich selbst noch nichts wusste, bis ich mich ein wenig intensiver mit dem Verein beschäftigte.
Okay, „gut“ ist etwas subjektiv. Aber ein Verein, der sich Vielfalt, Toleranz und Respekt, Nachhaltigkeit und eine klare Haltung gegen Rassismus, … auf die Fahne schreibt (später noch ein Schlenker zum Thema Fahne) und als erster Verein die Regenbogenfarben auf Trikot und Kapitänsbinde trug, trägt in meinen Augen schon dazu bei, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Es wird jedoch nicht nur auf die Fahne geschrieben. Wie heißt es so schön? Actions speak louder than words. Es werden Projekte zur Unterstützung von Obdachlosen realisiert, es wird Musikunterricht für Menschen, die sich keinen Musikunterricht leisten können, angeboten, der „FC Lampedusa St. Pauli“, ein Fußballprojekt für geflüchtete und migrierte Jugendliche wurde ins Leben gerufen, der Arbeitskreis „Kick the Borders – refugees welcome“ lässt geflüchteten Menschen die bestmögliche Hilfe zukommen, und, und, und noch viel mehr. Alles unter dem Dach „Kiezhelden“ – dem sozialen Engagement des Vereins.
Darüber hinaus gibt es einmal im Jahr viel Kunst und Kultur bei der Millerntor Gallery. Ebenfalls im Stadion beheimatet und vom Verein unterstützt. Dieses Jahr mit dem Thema „Making Waves – the Power of Water“. Und von wegen Wasser – der Verein unterstützt – neben vielen anderen Projekten und Initiativen – Viva con Agua. Einen gemeinnützigen Verein, der sich durch die Unterstützung von Wasserprojekten dafür einsetzt, allen Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen. Das Motto: „Wasser für alle – alle für Wasser“. Durch viel positiven Aktionismus.
Von wegen Fahne – da war noch was. Schon bevor ich nach St. Pauli gezogen bin, als die Gummistiefel quasi noch aus Holz waren, kannte ich die Totenkopf-Fahne, die zu einem Symbol des Vereins geworden ist. Aber wie kam es eigentlich dazu? Und was haben der Dom (für alle ortsunkundigen Personen: die lokale Kirmes auf dem Heiligengeistfeld direkt neben dem Stadion) und ein Doc Mabuse damit zu tun? Der Dom nur am Rande. Denn dort kaufte sich Doc Mabuse – seines Zeichens damaliger Sänger der Punkkapelle „Punkenstein“ – eine Totenkopffahne, nagelte sie an einen Besenstiel und zog damit ins Stadion. So um 1986 war das.
Das inspirierte andere Stadionbesucher:innen, sodass der Totenkopf immer häufiger auf den Rängen wehte.
Die heutige Optik des Totenkopfs stammt übrigens aus der Feder von Steph Braun. Erst unabhängig vom FC St. Pauli, denn eigentlich sollte es ein Anti-Batman-T-Shirt werden. Die mit einem Totenkopf verzierten Shirts diffundierten irgendwann in den FC St. Pauli Fanshop und wurden so gut verkauft, dass immer mehr Menschen den Totenkopf mit dem Stadtteil in Verbindung brachten. Zum Schutz vor Plagiaten übernahm der FC St. Pauli die von Steph angemeldete Marke und – Simsalabim – hatte der Verein sein zweites Logo.
So. Die Sache mit dem Totenkopf wäre geklärt. Aber was hat es mit „Millerntor“ auf sich? Dafür mal die Uhren ganz weit zurückgedreht. Denn um 1860, als St. Pauli noch vor den Toren Hamburgs lag, wurde die Stadt durch eine Wallanlage geschützt. Das westliche Tor hieß – genau – Millerntor. Ganz grob dort, wo heute das Stadion steht. Oder nicht ganz so grob, wo heute das Wachhaus am Millerntorplatz steht. Direkt am Eingang zu Planten un Blomen. Eigentlich gab es zwei Wachhäuschen, jedoch hat es nur eins ins Hier und Heute geschafft.
Nebenbei wird beim FC St. Pauli übrigens auch noch gebolzt (mit und ohne Sehfähigkeit). Und Handball, Futbol de Salao, Rugby gespielt, Radsport getrieben, gesegelt, und, und, und noch viel mehr
Du willst richtig viel über den Verein, das Stadion, das Drumherum erfahren? Dann schau mal im FC St. Pauli-Museum vorbei. Direkt im Stadion.
Ach so – auf der linken Seite der Gegengerade kann ein Bild von meinem alten Buddy Rebelzer bestaunt werden. Noch ein Grund mal vorbeizuscharwenzeln.
Stand: Dezember 2023